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Der Carn von Barnenez

Département: Finistère

Der Carn von Norden gesehen

Bis auf einige Ruinen besichtigen Sie hier die Reste einer Gruppe von Megalithen, die einst auf dem höchsten Punkt der Halbinsel von Barnenez am östlichen Ufer der Bucht von Morlaix angelegt worden war. Der Carn wie sie ihn heute sahen ist leider 1954 stark beschädigt worden: man hatte hier einen Steinbruch angelegt. Dessen Ausbringung zur Befestigung der Straßen in der Umgebung dienen sollte.

Barnenez ist ein besonderes sehenswürdiges Beispiel für große Carne. Die Archäologen haben diese Wort angenommen, um Denkmäler zu bezeichnen - im allgemeinen Grabstätten - die durch eine geordnete Anhäufung von Steinen entstanden sind), wie sie in der Mittleren Steinzeit entlang der ganzen Westküste Frankreichs, von den Charentes bis in das Flachland um Caen mindestens 4500 bis 3500 Jahre v. J.C. angelegt worden waren.

Dieses oft enormen Steinmassen bedecken mehr oder weniger zahlreiche Kammern, von denen jede von aussen durch einen Gang betreten werden kann. Diese Kammer- und Ganggräber wurden mit Hilfe großer Steinplatten angelegt oder gemauert, oft wurden beide Techniken zusammen benutzt. Sie entsprechen dem, was man oft "Dolmen" nennt (dieses Wort kommt aus dem Bretonischen und bedeutet Tischstein). Die klassische Form eines Dolmen entspricht einer Tischplatte, die auf einigen Pfeilern ruht, und sie ist in Wirklichkeit nur ein Teile des Gerüstes in einem Denkmal wir dieses hier. Nur sind die Gänge, der Carn und die aus kleinen Elementen gemauerten Teile bei einem Dolmen verschwunden.

Der Carn von Barnenez besteht aus elf solcher Gang- Dolmen, er gehört zum Typ mit langen Gängen und einfacher Kammer, die etwa parallel in 2 Reihen mit einer Öffnung an der Südost- Fassade angelegt worden sind. Die Gesamtlänge des Carn beträgt 70 Meter, er ist zwischen 15 und 25 Meter breit und 6 Meter hoch (die ursprüngliche Höhe ist nicht bekannt, aber der Carn war bestimmt beträchtlich höher). Dieses riesige Denkmal mit etwa 6000 bis 7000 Kubikmetern ist in zwei unterschiedlichen Abschnitten entstanden:

Der Carn von Süd-Ost

Am nordöstlichen Ende befindet sich der ursprüngliche Carn. Er war etwa 30 Meter lang und wurde nach einem strengen Plan auf dem Felsen angelegt, der den topographischen Gipfel der Halbinsel bildete: in der Mitte befindet sich der Hauptdolmen (mit zwei Kammern und einigen verzierten Steinplatten). An beiden Seiten wurden zwei bescheidenere Dolmen angelegt, mit fast runden Kammern, Wände aus Trockensteinen und Decken mit einem Mauervorsprung.

Von aussen gesehen scheint die Architektur massiv; ihre Strenge wird noch unterstrichen durch die in einigen regelmäßigen Etagen anhäuften dunkelgrünen Doleritsteinen und - platten (dieses Gestein kommt in unmittelbarer Nähe des Carn vor). Eine derartige Technik wurde in zahlreichen primitiven Bauwerken in der ganzen Welt benutzt, von Mesopotamien bis Mittelamerika, und zwar in unterschiedlichen Epochen. Es handelt sich um eine rein technische Konvergenz ohne kulturellen Zusammenhang.

Der Carn von Nord-Ost

Der Bau des ursprünglichen Carn wurde mit der Radiokarbonmethode um 4500 v.J.C datiert. Demzufolge handelt es sich um eines der allerersten großen Steindenkmäler. Gewiss könnten die ältesten Dolmen einige Jahrhundert früher entstanden sein; da aber nur noch etwa ein Zehntel der Grabdenkmäler aus der Mittleren Steinzeit erhalten geblieben sind, ist es sehr unwahrscheinlich dass wir einem dieser älteren Dolmen begegnen.

Der jüngere Carn (Barnenez II) wurde wenige Jahrhunderte später an den ersten angebaut. In einer praktischen identischen Ausrichtung. Diesmal aber Hang abwärts. Er besteht aus sechs enger aneinander gebauten Dolmen und einem komplexeren und unregelmäßigeren System steinerner Etagen. Dies sollte dem grösseren Druck am Hang widerstehen, insbesondere am südöstlichen Ende, wo grosse Steinblöcke den Carn in einer breiteren Grundlage fest verankern und verstreben.

Der Carn von Nord-WestNordwestlich von diesem jüngeren Carn mit helleren Steinen (aus Granit) wurde der Steinbruch angelegt. In welchem man begonnen hatte, das Denkmal abzubauen. Die grosse Öffnung hat wenigsten den Verdienst, die innere Struktur freizulegen und vier Dolmen-Kammern zu zeigen, von denen eine rein "megalithisch" ist (Tischplatte mit Pfeilern) ; eine andere ist "halbmegalithisch" (massive Pfeiler tragen ein aus angehäuften Steinen angelegtes Gewölbe). Die beiden anderen sind fast ganz aus Trockenmauern.

Aus Sicherheitsgründen ist es den Besuchern leider untersagt, das Innere der geschlossenen Dolmen zu betreten. Es ist jedoch erlaubt, durch die sicheren weniger engen und höheren Gänge zu gehen, die zu den Kammern C und D führen und die an jedem Ende eine Öffnung haben. Dies erlaubt den Besuchern, sich von der Länge der Gänge einen Eindruck zu verschaffen, die in keinem Verhältnis zur Grösse der Kammern steht. Man kann ebenfalls sehen, dass auch in den Dolmen mit Gewölbekammern und Mauervorsprung der Gang mit einer Reihe von kleinen Platten gedeckt bleibt.

Der Carn von Nord-WestDas Dolerit-Gestein von Barnenez (die dunkleren Steine) stammt aus unmittelbarer Nähe des Carn, die vier unterschiedlichen Granitsorten jedoch kommen aus mehr als 2 km Entfernung. Im ersten Carn finden wir nur zwei unterschiedliche Granitarten, die vom Felsen Stèrec im Norden der Halbinsel kommen (heute ist Stèrec eine kleine Insel, bei der Entstehung des Carn lag der Meeresspiegel allerdings einige Meter tiefer). Einige Platten im jüngeren Carn stammen aus zwei verschiedenen Granitvorkommen im Osten der Bucht von Terenez. So entsteht der Eindruck, zwei unterschiedliche Gruppen hätten ihren Beitrag zum Entstehen des Denkmals leisten wollen.

Abgesehen von einigen verbrannten Überresten sind in den Dolmen von Barnenez keine Gebeine gefunden worden. Dies liegt an dem starken Säuregehalt der Erde. Durch Vergleiche mit anderen Carnen, die in einer günstigeren Umgebung angelegt worden waren, weis man aber, dass viele dieser Kammern als recht komplexe Gruppengräber dienten. Auf jeden Fall handelt es sich um mehr als einfache Grabstätten, in denen man die Toten einfach aufbahrte. Manche Dolmen, wie z.B. der Dolmen H, die Zenralstruktur des ursprünglichen Carn mit den verzierten Platten, hatte wahrscheinlich eine andere Bestimmung. In manchen Dolmen wurden einige wenige Funde gemacht (Tonscherben und Steine).

Im Hauptdolmen wurde gar nichts gefunden. Nachdem die Gänge am Ende der Mittleren Steinzeit nicht mehr benutzt wurden, hat man sie in den meisten Dolmen mit angehäuften Steinen zugelegt. Nur zwei Dolmen, C und D im jüngeren Carn, mit einem offenen Vor-Gang wurden am Anfang der Bronzezeit wieder benutzt. Der äussere Teil vor der Mauer zwischen den Eingängen C und D wurde besonders stark besucht, denn im eisernen Zeitalter wurde immer wieder versucht, die in den Dolmen abgelegten Dinge zu entwenden, bis die höheren Teile des Carns nacheinander einstürzten und den Zugang unmöglich machten.

Abgesehen von der sehr eindrucksvollen Landschaft, in welcher der Carn entstanden ist, hat die Umgebung des Denkmals bestimmt eine permanente zeremonielle und symbolische Rolle gespielt. Der Carn muss für die Lebenden eine Bedeutung gehabt haben, die diejenige einer letzten Ruhestätte für die Gebeine der Vorfahren weit übertrafen, und die selbst heute noch dazu anhält, uns Fragen zu stellen.

Der Text entstammt einer Broschüre, die man einsehen darf, wenn man den Carn besichtigt.

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